Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

heute Abend, gleich nach dieser Debatte, verleihen wir als SPD-Bundestagsfraktion den „Otto-Wels-Preis für Demokratie 2024“. In diesem Jahr zeichnen wir Projekte, Kampagnen und Beiträge aus, in denen sich Schülerinnen und Schüler mit Antisemitismus, Rassismus und Feindlichkeit gegenüber Jüdinnen und Juden beschäftigt haben. In der Jury haben wir uns gezielt für die Einsendungen entschieden, bei denen die jungen Menschen selbst aktiv Aufklärungs- und Bildungsarbeit betrieben haben.

Ich darf jetzt noch nichts verraten, aber wir werden heute drei wirklich tolle Schülerprojekte auszeichnen und auch noch einen Sonderpreis verleihen. Wir wollen das Engagement dieser jungen Menschen in besonderer Weise ehren, denn sie tun das, was wirklich wichtig ist: Interesse zeigen, sich informieren und sich einmischen. Das ist der richtige Weg für jede und jeden Einzelnen. Informieren Sie sich und zeigen Sie Flagge!

Die Union benennt in ihrem Antrag zur heutigen Aktuellen Stunde drei Bereiche, in denen Antisemitismus bekämpft werden muss: Kultur, Bildung und Wissenschaft. Natürlich müssen wir Antisemitismus auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen bekämpfen. Und wir müssen auch präventiv handeln, um Judenfeindschaft zu verhindern, das ist klar!

Wir haben in der Tat ein großes Problem im Kulturbereich. Die Vorfälle sind Ihnen bekannt und sie reißen nicht ab. Und obwohl sich die Kulturministerinnen und –minister letzte Woche auf eine gemeinsame Erklärung und drei wichtige Maßnahmen verständigt haben, blicke ich mit Sorge auf die nächsten großen Kulturereignisse, etwa die Leipziger Buchmesse. Wird man dort endlich einmal vorbereitet sein und bei antisemitischen Attacken sofort und eindeutig reagieren?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Kunst und Kultur sollen Diskurse ermöglichen und Dialogräume schaffen, die Kunstfreiheit ist ein hohes Gut. Und wir müssen wirklich aufpassen, dass wir hier nicht reflexhaft nach Einschränkungen rufen, wie es vielen Rechten und konkret der AfD gefallen würde. Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit werden wir schützen.

Aber wir haben gesehen, dass es bestimmten Gruppen eben nicht um Dialog geht. Störaktionen sind inakzeptabel! Die Ausblendung israelischer Künstler ebenfalls. Was ist noch Kunst? Wo beginnen Propaganda und Volksverhetzung?

Für politische Äußerungen von Künstlern gibt es keinen Schutzraum. Wer sich antisemitisch oder anti-israelisch äußert, muss deutlichen Widerspruch erfahren! Umso mehr, je größer die Bühne ist. Und immer dann, wenn Steuergeld fließt.

Ich kann gut nachvollziehen, dass die vage Nachbereitung solcher Vorfälle, das Weg-Moderieren durch die Verantwortlichen in Kultur und Politik, bei Jüdinnen und Juden als Alarmsignal verstanden wird.

Wenn wir die Grenzüberschreitungen von Antisemiten dulden, werden sie ermutigt in Wort und Tat – das zeigt die drastisch gestiegene Zahl antisemitischer Vorfälle! In Brandenburg haben wir jetzt ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht, während in weiten Teilen des Landes jüdisches Leben kaum sichtbar ist.

Wir müssen Antisemitismus noch viel nachdrücklicher und konsequenter bekämpfen. Auch in Bildung und Wissenschaft. Die Vorfälle an der Freien Universität Berlin sind gefährlich, weil sie ein Klima schaffen, in dem sich jüdische Studierende aus Angst zurückziehen. Das darf nicht passieren! Es ist gut, dass die Kultusministerkonferenz mit einem Aktionsplan reagiert hat.

Hier im Deutschen Bundestag haben wir immer wieder mit großer Mehrheit unsere Unterstützung für das jüdische Leben in Deutschland und den Schutz der Jüdinnen und Juden ausgedrückt. Die Bundesregierung tut das Ihrige und hat ihre Unterstützung deutlich ausgebaut.

Es gilt weiterhin: Wir müssen genau hinschauen und klar und eindeutig handeln. So wie es uns die Preisträgerinnen und Preisträger des „Otto-Wels-Preises für Demokratie“ vormachen.

Vielen Dank!

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